Biographie von Wilhelm Emmanuel von Ketteler


  • Geboren am 25. Dez. 1811 in Münster
  • Entstammt dem westfälischen Uradelsgeschlecht „von Hüsten“
  • 1828: Abitur im Jesuiteninternat des Kollegium Spiritus Sanctus in Brig (Schweiz)
  • Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Göttingen, ab 1831 Studium in Berlin
  • Nach dem Studium arbeitet er als Jurist, quittiert diese Arbeit aber aus Glaubens- und Gewissensgründen
  • 1841-1843: Theologiestudium in München
  • 1.Juli 1844: Weihe zum Priester in Münster
  • Bis 1848 wird der „Bauernpastor“ Ketteler entscheidend geprägt und sein Interesse an der „Sozialen Frage“ wird deutlich
  • 1848/49: Mitglied der Paulskircher Nationalversammlung
  • 27. Juli 1850: Weihe zum Bischof
  • 1871/72: Mitglied des Reichstages (Mitbegründer der Zentrumspartei)
  • Erklärter Gegner der Trennung von Kirche und Staat; Widersacher Bismarcks
  • Mitbegründer der Katholischen Soiallehre (im Zuge dessen erhält er den Beinamen „Arbeiterbischof“)
  • Gegner der auf dem 1. Vatikanischen Konzil beschlossenen Unfehlbarkeitserklärung des Papstes; unterzeichnet sie trotzdem
  • 13.Juli 1877: Ketteler stirbt und wird am 18. Juli im Mainzer Dom beigesetzt
Das Wirken von Wilhelm Emmanuel von Ketteler

Willhelm Emmanuel von Ketteler war Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung und galt als Vorkämpfer des politischen Katholizismus für die Freiheit der Kirche und der christlichen Schule. Er erstrebte eine Sozialreform, die er in Auseinandersetzung mit liberalen und sozialistischen Lehren aus dem christlichen Glauben heraus forderte und vertrat als Reichstagsabgeordneter im beginnenden (1871) die Rechte der Kirche. Ketteler beeinflusste die Sozialpolitik des 19.Jahrhunderts durch seine Stellungnahme zu den sozialen Fragen, Arbeiterschaft und Jugendbildung, Organisation des katholischen Vereinswesens und durch seine Stellungnahme zu den sozialen Fragen.
Sein gesamtes Vermögen gab er für soziale Zwecke aus. Die Gedanken des "sozialen Bischofs" sind zum Ideengut aller christlichen geworden.
Seine Einstellung zum Staat war lange Zeit Vorbild für den deutschen Episkopat (= Bischof). Ketteler war die populärste Gestalt des deutschen Katholizismus im 19. Jahrhunderts. Er ist der Gründer der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung und auch das 1891 angenommene Arbeiterschutzgesetz ist sein Verdienst.
Weiterhin setzte sich von Ketteler sich für die Autonomie und Macht der katholischen Kirche ein und war erklärter Gegner der Trennung von Staat und Kirche was ihn zum Widersacher Bismarcks im Kulturkampf machte. Ketteler wollte, dass philosophische Vorstellungen geachtete werden; sprach sich aber gleichzeitig für die Ablehnung von Sozialismus, Kommunismus, Nationalismus und Liberalismus aus.
Unter dem Einfluss von Adolph Kolping erkannte er die Bedeutung der sozialen Frage und bereitete die Hinwendung der katholischen Kirche zur Sozialtätigkeit zum Wohle der Arbeiterschaft vor, welche schließlich von Papst Leo XIII. vollzogen wurde. Er gilt damit als Mitbegründer der katholischen Soziallehre und erhielt den Beinamen „Arbeiterbischof“.

Foto: Papst Leo XIII


Der Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler hatte ein vielfältiges Wirken erzielt, dadurch dass er in seinem Denken und seinen politsichen Standpunkten viele Wandlungen zeigte. Dies kann als Reaktion auf die sich veränderten wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Lagen im Laufe seines Lebens gesehen werden. Beeindruckend war Freiherr von Ketteler auch durch seinen persönlichen Lebensstil, in welchen er seine oft gepredigten Tugenden umzusetzen versuchte. Ketteler ist als „sozialer Bischof“ bekannt geworden. Denn im Katholizismus des 19. Jahrhunderts gab es nur sehr wenige Personen die versucht haben die „soziale Frage“ zu behandeln. Somit wird Kettelers handeln oft nur auf die „soziale Frage“ beschränkt. Denn Ketteler legte die Grundgedanken für einen „sozialen Katholizismus“. Somit hatte er eine starke Bedeutung und Stellung für die katholische Sozialbewegung, denn Ketteler schaffte es zum Beispiel eine Tradition vom 19 zum 20. Jahrhundert zu entwickeln, die aktuell war und Probleme der Zeit bewerkstelligte. Außerdem trug er dazu bei, dass im katholischen Volksteil seiner Zeit die „soziale Frage“ popularisiert wurde. Die soziale Frage stellt für Ketteler ein Thema dar, das völlig in die Religions-und Glaubensfrage eingebunden werden musste. Bedeutend dafür waren seine sechs Adventspredigten, welche eine starke Wirkung auf die katholische Kirche hatte, so dass diese sich mit den Problem der „sozialen Frage“ auseinander zusetzten begann. Und in seinem politischen Wirken versuchte er zu zeigen, dass die Anhänger des Christentums und der katholischen Kirche gegenüber dem Kommunismus, Liberalismus, Rationalismus und Protestantismus auf der richtigen Seite stehen. Er setzte sich somit auch gegen die Trennung von Staat und Kirche ein. Denn Ketteler sah als Heilmittel gegen die soziale Frage das Bündnis zwischen Fabrikanten und Geistlichen. Diese Aussage wurde auch in seiner Schrift „Die Arbeiterfrage und das Christentum“ von 1864 verdeutlicht, denn dort will er die „Arbeiterfrage“ mit Hilfe der Christianisierung lösen. Diese Schrift war nicht nur für politisch, soziale Ansichten
entscheidend, sondern trug auch dazu bei, dass die „Arbeiterfrage“ in der katholischen Kirche überhaupt wahrgenommen wurde. Insgesamt propagierte er die Lösung der sozialen Frage durch die Schaffung von Reformen der Gesellschaftsordnungen, die über die Ordnungen der Wirtschaft stehen. Er sprach sich also für gesellschaftspolitische Maßnahmen aus, die die Lage der Arbeiter verbessert. Seine Forderungen an Staat und Wirtschaft konzentrierten sich auf Maßnahmen zum Arbeiterschutz, und zwar auf die Zahlung eines gerechten Lohnes, die Verkürzung der Arbeitszeit, die Gewährung von Ruhetagen, das Verbot der Kinderarbeit, die Abschaffung der Fabrikarbeit von Müttern und jungen Mädchen. Den Staat machte er mitverantwortlich für die soziale Verelendung, weil dieser die liberalistische Wirtschaftsordnung duldete. Deshalb sprach er sich für staatliche Eingriffe und die Bildung von Gewerkschaften aus. Aus diesen Gedanken entstand die bis heute noch wichtigste Wirtschaftstheorie, die Marktwirtschaft. Sein wohl größtes politisches Wirken wurde durch die Gründung der Zentrumspartei 1971 mit Ludwig Windthorst erreicht. Sie sollte ein Gegengewicht zu den protestantischen Parteien und besonders zu Otto von Bismarck sein. Die Partei war Vertreter der Katholiken im Parlament. Somit war auch deren Hauptanliegen die Selbstständigkeit der katholischen Kirche und die Interessen der katholischen Bevölkerung zu vertreten. Über diese Partei konnten die Katholiken wesentlich auf die Sozialgesetzgebungen des Kaiserreich einwirken. Ketteler wirkte zudem als Abgeordneter (1871) im deutschen Reichstag mit und versuchte dort den Kulturkampf zu verhindern. Ketteler hatte aber nicht nur Wirkung auf den „sozial Katholizismus“, sondern er setzte sich auch gegen die Dogmatisierung der Unfehlbarkeit des Papstes ein. 1970 verließ er sogar das Erste Vatikanische Konzil. Zudem refomierte er die Priesterausbildung. Weitere Verdienste von Ketteler waren die Gründung der "Genossenschaft der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung für Schule und Krankenpflege" 1851. Zudem baute er die katholische Bekenntnisschule und das Schul- und Krankenwesen aus.Unermüdlich im Dienste seiner Kirche und der Seelsorge wurde Freiherr von Ketteler zum Symbol des um die Selbstbehauptung kämpfenden deutschen Katholizismus.

Wirkungsgeschichte:
  • auf Kettelers Initiative wurde seit 1867 die Fuldaer Bischofskonferenz zur ständigen Einrichtung
  • Arbeiterschutzgesetz
  • Entfaltung des Siedlungswerks
  • Wiedereröffnung des Priesterseminars
  • Einführung von Bruderschaften und katholischen Vereinen
  • bedeutendster Initiator kath. Sozialpolitik
  • Wegbereiter des 2. Vatikanischen Konzils durch sein Eintreten für Religionsfreiheit und für das Miteinander von Primat (oberste Kirchengewalt) und Episkopat (Gesamtheit der Bischöfe)
  • Einwirkung auf das sozial-gesellschaftliche und politische Geschehen seiner Zeit
  • "Arbeiterbischof"
  • Beitrag zur Lösung der "sozialen Frage"
  • markanteste und populärste Gestalt des deutschen Katholizismus - Leben und Wirken auf das engste mit Reformbewegungen verknüpft
  • Ketteler ist der einzige Bischof des 19. Jahunderts, der priesterliche Volkstümlichkeit, auch im Sinne geschichtlicher Dauer gewonnen hat

Soziale Frage

Als soziale Frage wird die Summe der ökonomischen Probleme, die aus der industriellen Revolution resultieren und damit das bürgerliche Leben im 19.Jahrhundert, dem Zeitalter der Industrialisierung, prägen, bezeichnet.

Um die sozialen Notstände zu lindern und dem Geschehen erstmals Luft zu machen wurde unter Veranlassung Bismarcks ein Entgegenkommen vom Staat eingeräumt. Dies geschah aber vielmehr aus Selbsterhaltung und Wahren der alten innenpolitischen Zustände, als aus humanitären/sozialen Gründen


Die Sozialpolitik Bismarcks

  • Bismarck war bewusst, dass seine politische Macht und die bestehende Gesellschaftsordnung nicht allein durch die politische Unterdrückung der Sozialdemokraten verteidigt werden konnte.
  • Er setzte eine für die damalige Zeit vorbildliche Sozialgesetzgebung durch. Mit der Förderung der Zufriedenheit der Arbeiter wollte Bismarck die Arbeiter von der Sozialdemokratie abbringen und für die Monarchie gewinnen.
  • Die Sozialgesetzgebung Bismarcks setzte Maßstäbe, die bis in die Gegenwart fortwirken. 1883 kam das Gesetz über die Krankenversicherung, ein Jahr später das Gesetz zur Unfallversicherung, und 1889 wurde die Alters- und Invalidenversicherung eingeführt.

Für Bismarck bot die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft in einer sozialen Organisation keinen Schutz für die Arbeiter. Sein ursprünglicher Plan, die Krankenversicherung nicht durch Beiträge der Arbeiter, sondern über eine Erhöhung der indirekten Steuern zu finanzieren, scheiterte an Interessenverbänden (Tabakindustrie). Die Ersatzlösung war das Versicherungsprinzip (Leistung im Eintrittsfall), die Zwangsmitgliedschaft, die Beteiligung der Arbeitgeber und die Selbstverwaltung der Kassen.

Die Bestimmungen des Sozialistengesetzes vom Oktober 1878 machte die Sozialgesetzgebung Bismarcks für viele Arbeiter unglaubwürdig. Dazu kam, dass zunächst nur die größte Not gelindert wurde. Der Zulauf zu der sozialdemokratischen Partei hielt an. Bei der Reichstagswahl von 1887 erhielten die Sozialdemokraten 10,1% der Stimmen


Hier ein Video zu Bismarck:

Stellungsnahme zu Kettelers Einfluss auf die Sozialgesetzgebungen von Bismarck

Ketteler hatte mit seiner Idee, die „soziale Frage“ durch staatliche Gesetze für den Arbeiter zu lösen, den Grundbaustein für Bismarcks Sozialgesetzgebung gelegt. Denn anders als zu gleichen Zeit Lassalle waren Kettelers Gedanken realisierbarer und keine unerreichbare Ideologie. Vordergründig durch Kettelers Lehren war es für den katholischen Bevölkerungsteil vertretbar, dass der Staat entscheidende Eingreifer bei einem sozialen Problem ist, ohne dass christliche Tugenden verloren gingen. Des weiteren ermöglichte Ketteler die Umsetzung der Sozialgesetzgebungen, denn die Katholiken waren erklärter Gegner von Bismarck, da er die Kirche und den Staat zunehmend trennen wollte. Doch Kettelers Anschauungen zeigten der katholischen Kirche, wie dringend eine staatliche Intervention von Nöten ist und dass die Kirche bei der Lösung der „sozialen Frage“ trotz alledem eine entscheidende Rolle spielt, ohne derer der Staat nicht den Weg aus dem sozialen Problemen ebnen kann.
Aber auch für Bismarck waren Kettelers Lehren von übergeordneten gesellschaftspolitschen Maßnahmen gegen die ökonomischen Zustände eine starke Anregung und Leitbild für seine weiteren Sozialgesetzgebungen.
So sprach sich das Zentrum, Partei der katholischen Kirche, anfänglich gegen eine staatliche Sozialpolitik aus, weil sie die Verdrängung der christlichen Nächstenliebe befürchteten und erst durch die Soziallehren Wilhelm Emmanuel von Ketteler kam es zu einer veränderten Auffassung
Durch Kettelers Einfluss war es möglich, dass 1891 die Arbeiterschutzgesetze verabschiedet werden konnten. Sogar Bismarck sagte zu dem Mainzer Bischof: „Ohne Ketteler wären wir noch nicht so weit“
Kritische Auseinandersetzung mit dem Wirken von Ketteler


Ketteler wird oft als einer der Wegbereiter zur Lösung der „sozialen Frage“ hingestellt, diesem ist voll zu zustimmen, allerdings wird dabei oft vergessen, dass es Ketteler nicht nur um die Lösung der „sozialen Frage“ ging, sondern auch den Gedanken eines starken Katholizismus verfolgte. Somit ging es Ketteler auch oft darum, dass die Lösung der sozialen Probleme auch eine Christianisierung beinhaltete und die katholische Kirche weiterhin gestärkt wird und an Macht gewinnt. Zudem kommt man zu dem Fazit, dass durch die geringe Anzahl an sozial-engagierten Persönlichkeiten in der Kirche, Ketteler eine herausragende Rolle erhält und er deshalb als „Sozialbischof“ sehr erhoben wird. Natürlich sollte man seine wahre Leistung im sozialen Bereich nicht stillschweigen, aber man sollte ihn keinesfalls als „Heiligen“ erheben. Denn auch politisch gesehen, spielte Ketteler eher eine geringere Rolle. Denn sein wahres Wirken spielte sich mehr im christlichen Bereich ab, welches zwar bis hin zum Reichstag eine Wirkung zeigt, aber mehr Bedeutung für die Kirche als für den Staat hatte.
Hiermit möchten wir uns bei Ihnen, Frau Sachse, für die schönen und abwechslungsreichen Religionsstunden ganz herzlich bedanken. Es war uns eine Freude bei Ihnen Unterricht zu haben. Wir wünschen Ihnen und auch Frau Lullack alles erdenkliche Gute für die Zukunft!


Ihre Schüler

Stephanie Förster, Wanda Spahn, Annette Onischka, Christopher Müller und Daniel Schuffenhauer